Patronatsbaulast

In Ihrer Kirchengemeinde besteht für ein Kirchengebäude eine Patronatsverpflichtung und die Kirchengemeinde bzw. Sie als Patron wollen die Patronatsbaulastverpflichtung ablösen?

Auftraggeber: Patrone und Kirchengemeinden

Historische Ursprünge des Patronats

Im frühen Mittelalter entwickelte sich das Eigenkirchenwesen. Zu dieser Zeit wurden Kirchen und Klöster von adeligen Laien auf privatem Grund und Boden errichtet. Der Grundherr hatte auch das Recht auf Investitur und konnte damit ohne Bewilligung des Diözesanbischofs Pfarrer und Äbte ein- und absetzen. Dem Grundherrn standen zwar die Nutzungen der Erträge zu, er hatte aber auch für die Bedürfnisse der Kirche und der Seelsorge aufzukommen. Das Recht auf Investitur stieß zwischen dem König und Papst zunehmend auf Widerstand, so dass das Eigenkirchenrecht im 3. Laterankonzil 1179 durch Papst Alexander III. in ein Patronatsrecht umgewandelt wurde.

Patronate konnten von Städten aber auch aus ganz praktischen Gründen übernommen worden sein, wenn z.B. ein Kirchturm gleichzeitig der städtischen Brandwache dienen sollte oder als Standort öffentlicher Uhren wichtig war.

Das Patronat steht in seiner ursprünglichen Bedeutung für Schirmherrschaft. Das Kirchenpatronat ist damit die Schirmherrschaft eines Landes- oder Grundherrn sowie einer Gebietskörperschaft über kirchliche Gebäude oder Gebäudeteile, die auf seinem Gebiet liegen. Mit dem Patronat verbunden sind für den Patron Pflichten gegenüber einer Kirchengemeinde z.B. auf vollständige oder anteilige Übernahme der Baulasten kirchlicher Gebäude wie Kirchen, Kirchtürme, aber auch Pfarrhäuser, Küstergebäude oder Besoldung des Pfarrers. Die Rechte des Patronats sind meist Ehrenrechte wie z.B. auf einen besonderen Sitzplatz in im Patronatsgestühl der Kirche, aber auch wirkliche Rechte, wie das Präsentationsrecht oder Vetorecht bei der Besetzung des Pfarramtes. Noch heute bestehen in Deutschland in größerer Anzahl historische private und kommunale Kirchenpatronate.

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Eigenkirche]

Sonderfall der Säkularisation

Eine besondere Entwicklung der Patronate hat seine Ursprünge in der französischen Revolution, zu deren Beginn die französische Nationalversammlung die Nationalisierung der Kirchengüter und damit faktisch die Enteignung der Kirche beschloss. Damit wurde die Vormachtstellung des Klerus beendet. Das Vermögen insbesondere kirchliche Grundstücke und Gebäude ging auf den Staat über und Priester bekamen den Beamten vergleichbar einen staatlichen Sold. Die wirtschaftliche und politische Macht der Kirche wurde damit erheblich beschnitten. Erst mit dem zwischen Napoleon und Papst Pius VII geschlossenen Konkordat von 1801 kam es zumindest formal wieder zu einer Aussöhnung zwischen der katholischen Kirche und dem französischen Staat.

Im Zeitalter Napoleons wurden während der Säkularisation linksrheinisch 1802 mit Ausnahme der Bistümer und Pfarreien alle geistlichen Einrichtungen eingezogen und deren Besitztümer verstaatlicht. Durch Verschiebung der französischen Ostgrenze hatten deutsche Territorialherren Gebietsverluste erlitten. Als Entschädigung wurden ihnen im Reichsdeputationshauptschluss 1803 die kirchlichen Reichsstände und die meisten Reichsstädte zugeschlagen. Artikel 35 des Reichsdeputationshauptschlusses ging sogar über die reine Entschädigung hinaus, weil Gebäude und Güter der aufgehobenen Stifte, Abteien, Klöster sowie fürstbischöfliche Residenzen der Verfügungsgewalt der Landesherren unterstellt wurden. Dieses erlaubte somit auch Herrschern, die keinen Territorialverlust erlitten hatten, kirchliche Güter zu ihren Gunsten einzuziehen um ihre Finanzen zu entlasten.

 [Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Säkularisation]

Folgen der Säkularisation

Von der Säkularisation profitierten weltliche Landesherren, insbesondere der König von Preußen, der Kurfürst von Bayern, der Herzog von Württemberg, der Markgraf von Baden und der Landgraf von Hessen-Darmstadt, während insbesondere, aber nicht nur die katholische Kirche durch die Enteignung kirchlicher Güter einen Großteil der weltlichen Macht verlor.

Durch die Enteignung verloren viele im Kloster beschäftigte, vor allem weibliches Personal sowie vom Kloster abhängige Handwerker und Gewerbetreibende ihre Arbeitsplätze in fielen in Armut.

Durch die Auflösung der Klöster wurden die kirchlichen Gebäude und beweglichen Besitztümer nicht mehr für ihren ursprünglichen Zweck benötigt und entweder als Staatsgebäude anderen Nutzungen zugeführt oder meistbietend veräußert. Viele kulturell wertvolle Gebäude wurden vom Käufer als Steinbruch missbraucht und abgerissen. Wertvolle Bücher, Handschriften und Kunstwerke der Bibliotheken und Archive der Klöster wurden häufig in alle Winde verstreut. Nur wenige Gebäude konnten wie z.B. die ehemalige Stiftskirche St. Saturnina des adeligen Damenstifts Neuenheerse als Pfarrkirche klerikale Wiederverwendung finden.

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Säkularisation]

Patronatsverpflichtungen heute

Da der enteignete teilweise sehr große Grundbesitz oftmals dem Landesherrn bzw. dem Staat zugeschlagen wurde oder in Stiftungen eingebracht wurde, die dem bisherigen Zweck weiter dienten, stellen die vermögensrechtlichen Folgen noch heute in Form von Staatsleitungen ein wirtschaftliches und staatskirchenrechtliches Problem dar.

So steht z.B. das jeweilige Bundesland als Rechtsnachfolger bei den betroffenen Kirchengebäuden noch heute als Patron in der Patronatsverpflichtung die Bauunterhaltung zu tragen. Dieses kann je nach Fall dazu führen, dass vermeintlich die Bauunterhaltungspflicht des Patrons aus finanziellen oder sachlichen Gründen zum Unverständnis der betroffenen Kirchengemeinde vernachlässigt oder nicht im gewünschten Umfang wahrgenommen wird.

Diese Diskrepanzen führen zum Einen bei dem Patron zum Wunsch, sich mittelfristig von dieser ihn auf Dauer finanziellen Verpflichtung zu lösen und zum Anderen bei den Kirchengemeinden dazu, für ihr Kulturgut Kirchengebäude wieder selber Verantwortung zu übernehmen.

Im Ergebnis muss der Patron dann zwar einen einmaligen hohen Ablösebetrag zahlen, wird aber von der dauerhaften Zahlungspflicht befreit. Für die Kirchengemeinden kann das als Ablösung der Patronatsbaulast eingenommene Kapital vorteilhaft bei der Finanzierung von wichtigen Aufgaben eingesetzt werden.

Patronatsablösegutachten

Grundlage der Patronatsbaulast sind in der Regel die im Patronatsverzeichnis des Landes bzw. der Bezirksregierungen eingetragenen Verpflichtungen. Dort können z.B. besondere Bauteile durch die Patronatsbaulast vollständig oder teilweise anerkannt oder ausgeschlossen sein.

Allgemein üblich ist ein Gutachten über die Ablösung der Patronatsbaulast nach dem Runderlass des Reichs- und preußischen Ministers für die kirchlichen Angelegenheiten vom Januar 1938 – 1113458/37. Danach setzt sich die Ablösesumme aus den drei Patronats-Beträgen K1, K2 und K3 zusammen.

Grundlage aller Patronatsbeträge sind die Herstellungskosten des Gebäudes, die entweder über das Sachwertverfahren nach Sachwertrichtlinie bis zur Berechnung des NHK-Gebäudewerts oder über Kostenkennwerte der BKI Objektdaten der entsprechenden Gebäudeart für die Kostengruppen 300 und 400 nach DIN 276 oder ersatzweise sachverständig ermittelt worden sind.

K1 ist der Patronatsbetrag, der nach geltendem Recht als notwendig anzusehen ist, ein Gebäude durch Sanierung oder Neubau in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen.

K2 ist der Patronatsbetrag, der den kapitalisierten dauerhaften Bauunterhaltungskosten entspricht. Dabei sind in der Regel 1 % der Herstellungskosten mit einem Zinssatz 5 % und einer unendlichen Restnutzungsdauer zu kapitalisieren.

K3 ist der Patronatsbetrag, der eine kapitalisierte Neubaurente darstellt. Hierbei kommt die Eytelweinsche Formel zur Anwendung, in die Alter, Nutzungsdauer und Restnutzungsdauer des Gebäudes, im Allgemeinen ein Zinsfuß von 5 % sowie der Neubauwert des Gebäudes einfließen. Dieses entspricht vereinfacht ausgedrückt einem diskontierten Wiederaufbauwert des patronatspflichtigen Gebäudes nach Ablauf der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer.

Die Vorstellungen über den Wert der Patronatsverpflichtungen werden jedoch erwartungsgemäß von beiden Parteien sehr unterschiedlich wahrgenommen. Hier kann ich als Sachverständiger helfen, mit einem Patronatsablösegutachten neutral und unabhängig eine angemessene Diskussionsgrundlage für die Ablöseverhandlungen der Patronatsbaulast zu erarbeiten. Auch bei den anschließenden Verhandlungen zwischen dem Land bzw. der Bezirksregierung oder einem sonstigen Patron und der Kirchengemeinde, in deren Bereich sich das kirchliche Gebäude befindet, begleite ich die Verantwortlichen gerne bis zum Verhandlungsabschluss.

Verlinkungen